Das Innere Team in Führung: Warum mehrere Stimmen in uns sprechen
Wir alle kennen diesen Moment: Eine Entscheidung steht an – und statt einer klaren inneren Richtung entsteht eine Art inneres Stimmengewirr. Eine Stimme will schnell vorwärts. Eine andere tritt auf die Bremse. Eine möchte es perfekt machen. Eine andere ruft: „Das reicht doch!“
So fühlt es sich manchmal an, als sei man gleichzeitig zu viel – und nicht eindeutig genug.
Und genau hier setzt das Konzept des Inneren Teams von Friedemann Schulz von Thun an.
Es macht diese inneren Mehrstimmigkeiten verständlich und vor allem: führbar.
Das Modell – verständlich und alltagstauglich
Das Innere Team beschreibt, dass wir nicht nur eine innere Stimme haben, sondern viele. Jede Stimme ist ein Persönlichkeitsanteil mit einem bestimmten Bedürfnis, einer Absicht, einer Sicht auf die Situation.
Typische „Teammitglieder“ könnten sein:
- Die Anspruchsvolle: will Qualität, Standards, Professionalität.
- Die Fürsorgliche: achtet auf Beziehung und Atmosphäre.
- Die/der Macher:in: will Ergebnisse und Tempo.
- Die Zweifelnde: prüft, hinterfragt, warnt vor Risiken.
- Die Kreative: sucht neue Wege, Ideen und Spielräume.
Und das Wichtigste:
Alle haben eine positive Absicht.
Sie wollen etwas sichern, schützen oder ermöglichen.
Nur: Wenn sie ungeregelt gleichzeitig sprechen, entsteht Chaos.
Wie ein Meeting ohne Moderation.
Führung bedeutet daher auch:
die innere Konferenz leiten können.
Ein Beispiel aus der Führungspraxis: Anspruchsvoll trifft Fürsorglich
Stellen wir uns eine alltägliche Situation vor:
Ein Teammitglied hat bei einem Projekt gut gearbeitet – aber es gibt Qualitätsreserven.
Ein Feedback wäre sinnvoll.
Die Anspruchsvolle meldet sich:
„Das muss angesprochen werden. Wir stehen für hohe Standards.“
Die Fürsorgliche meldet sich auch:
„Ja, aber bitte achtsam. Ich möchte niemanden verletzen.“
Schon sind wir mittendrin in innerer Ambivalenz.
Ohne Bewusstsein darüber könnte man:
- zu hart kommunizieren → und Vertrauen beschädigen.
- gar nichts sagen → und Qualität gefährden. oder sich endlos im Grübeln verheddern.
Mit dem Inneren Team jedoch entsteht ein dritter Weg:
Klarheit und Wärme.
Haltung statt Härte.
Präsenz statt Perfektion.
Zum Beispiel so:
„Ich sehe deine Entwicklung und dein Engagement. Und zugleich möchte ich dir Feedback geben, wie wir gemeinsam unsere Qualität weiter schärfen können. Hast du gerade Raum dafür?“
Hier zeigt sich:
Nichts wurde geopfert.
Nicht die Qualität. Nicht die Beziehung.
Beides durfte Platz haben.
Warum das Innere Team Führung leichter macht
Führung heute spielt sich selten im Schwarz-Weiß ab.
Sie ist ein ständig auszubalancierendes Spannungsfeld:
- Nähe und Klarheit
- Tempo und Sorgfalt
- Freiheit und Orientierung
- Ergebnisorientierung und Menschlichkeit
Viele Führungskräfte spüren diese Spannungen – und denken, sie seien das Problem.
Tatsächlich sind diese Spannungen der Kern von Führung.
Das Innere Team hilft, sie nicht als Belastung zu erleben, sondern als Ressource.
Denn:
- Wenn ich weiß, welche inneren Stimmen sich melden,
- wenn ich verstehen kann, was jede braucht,
- und wenn ich entscheiden kann, wie ich sie integriere,
dann führe ich mich selbst – und damit auch andere – klarer, präsenter, ruhiger.
Teams spüren das sofort.
Innere Klarheit schafft äußere Orientierung.
Innere Sortiertheit schafft Vertrauen.
Innere Präsenz schafft Raum für Verantwortung.
Einsatz im Führungsalltag – konkret & wirksam
1) Prioritäten setzen:
Wenn alles wichtig scheint, fragt man:
Welche innere Stimme macht gerade Druck – und welche ist ungehört geblieben?
2) Entscheidungen treffen:
Man entscheidet nicht gegen eine innere Stimme – sondern mit ihr.
3) Zusammenarbeit gestalten:
Man reagiert weniger impulsiv – und kommuniziert bewusster.
4) Konfrontation & Konflikt:
Man bleibt in Kontakt – statt hart zu werden oder auszuweichen.
Das Innere Team ist kein „Soft Skill“.
Es ist ein Führungsinstrument zur Selbststeuerung.
Fazit
Das Innere Team zeigt uns:
Ambivalenz ist kein Zeichen von Unsicherheit –
sondern ein Zeichen von innerem Reichtum.
Wer lernt, diese inneren Stimmen zu hören und zu führen, gewinnt:
- Klarheit im Denken
- Ruhe im Handeln
- Tiefe im Kontakt
- und Wirksamkeit in Führung
Wer sein Inneres Team kennt, führt klarer – sich selbst und andere.
Und genau diese Form der Führung wird in einer komplexen Welt gebraucht.
Wenn Sie neugierig sind, Ihr eigenes Inneres Team kennenzulernen und daraus mehr Klarheit für Ihre Führung zu entwickeln, begleite ich Sie gern.
Lassen Sie uns in einem ersten Gespräch schauen, wo Sie stehen – und was Sie stärkt.

