Die Krise ist unser Coach
Wer hätte gedacht in welcher exponentiellen Geschwindigkeit das Thema Digitalisierung und agilen Handelns auf einmal voran geht. Und wer hätte gedacht, welchen hohen Preis wir dafür bezahlen.
Nun könnte ich damit beginnen zu schreiben, ich hoffe es geht Ihnen gut und bleiben sie gesund, aber ehrlicherweise weiß ich aus den Statistiken, dass dieser Wunsch in vielen Fällen ein unerfüllter Wunsch bleibt. Deshalb wünsche ich uns an dieser Stelle als Gemeinschaft die Krise zu überstehen. Das will und kann ich schon viel leichter glauben und auch wenn der Satz, „jede Krise bedeutet auch eine Chance“ viel zu oft floskelhaft benutzt wird, glaube ich noch viel mehr, dass wir jetzt eine große Chance haben.
Nun, die ersten Tage waren wirklich surreal. Menschen sind gewohnt in linearen Ursache-Wirkungsketten zu denken und begreifen exponentielle und systemische Entwicklungen kaum. So waren erste Krisen-Meetings bei unseren Kunden noch derart, dass alle glaubten, das könne man nächste Woche noch besprechen. Mittlerweile sprechen unsere Kunden mit uns jeden Tag und die täglich auf eine Stunde terminierten Taskforces dauern immer noch 3–5 Stunden – geplant ist immer noch eine. Aber geplant oder wirklich längerfristig planbar, ist im Augenblick eben kaum etwas, in agiler Umsetzung schon eher. Das in einer solcher Geschwindigkeit dutzende Homeoffices entstehen, Prozesse angepasst werden, Abläufe verändert werden und Kommunikationswege umgestellt werden – die meisten hätten es für unmöglich gehalten. In der Krise eröffnen sich schlagartig neue Handlungsoptionen und es entsteht eine enorme Veränderungsdynamik.
Notebooks sind natürlich längst nicht mehr zu bekommen, aber Mini–PC´s und die nötige Peripherie schon. So sind Management-Meetings bei unseren Kunden in einer merkwürdig wechselnden Stimmung aus Gemeinsam-Schaffen-Wir-Das und spürbarer Gereiztheit.
In jedem Winkel der Unternehmen kommt gerade Digitalisierung an. Und alle stellen fest, so schwierig ist es gar nicht. Ein Softphone hat gar keine Schutzhülle und ein Videobild parallel zur Sprache ist doch ganz hilfreich. Perfekt muss auch nichts sein, 80% und funktional reicht erstmal. Und ja, Geschwindigkeit schlägt Perfektion. Auch die Rechtsabteilung hat sämtliche Berührungsängste mit der Digitalisierung aufgegeben und möchte nun mit Microsoft Teams arbeiten. Den Mitarbeitern konnte geholfen werden. Jetzt muss nur noch gelernt werden, dass Verträge, die zu früheren klassischen Projekten passten, heute nicht mehr zu gebrauchen sind.
Augenblicklich erlebe ich einen ersten Übergang in eine Art neue Phase. War die erste Phase bestimmt durch notfallartiges Handeln, so verlangsamt sich jetzt gerade dieses fast instinkthafte Verhalten und wechselt in eine Art initiativen Modus. Es entsteht ein ungeahntes Potenzial von Kreativität und Möglichkeiten. Ehrlicherweise mit einem ersten Gefühl von Zuversicht und Freude. In Teilen jedoch überlagert von den Gedanken zur Frage, ob das Gefühlte gerade wirklich ist und sein darf. Aber warum nicht, schließlich fühlt es sich gut an und gerade jetzt ist es günstig, gute Gedanken zu denken. Und der Mensch war ja schon immer gut darin, sich relativ schnell an neue Situationen anzupassen. Eine durchaus gute Eigenschaft. So lässt sich auch in dieser Krise bereits Gutes finden.
Ursprünglich wollte ich einen blogbeitrag schreiben, über Notfallpläne, Aktionen, Checklisten und Sofortmaßnahmen. Aber es ist auch hier gerade anders gelaufen als geplant. Diesen Text hat es gerade jetzt so gebraucht, wie ich ihn geschrieben habe. Denn erstmal braucht es jetzt Menschliches, wie immer in Transformations- und Change-Prozessen. Die Krise als Coach kommt mir da in den Sinn und damit kann ich gut umgehen.
Marc Mauermann/ 29.03.2020
#stayathome #staysafe