Das Ende von Farming und Hunting


Viele Jahre war es im Direktvertrieb ein Erfolgsmodell: Farmer & Hunter. Doch das rund 30 Jahre alte Vertriebskonzept hat ausgedient. Zeit für einen Nachruf.
Es war Anfang 2000 als ich erstmals von dem (nicht mehr ganz neuen) Vertriebskonzept Hunter und Farmer hörte. Anfangs verstanden einige Gesprächspartner noch “Pharma” statt “Farmer”, da sie mit dem Begriff noch gar nichts anzufangen wussten. Spätestens nach 2010 sind mir aber immer mehr Vertriebs-Organisationen mit diesem Konzept begegnet und das Thema hatte einen hohen Bekanntheitsgrad.
Aus meiner Sicht nachvollziehbar, hat das Konzept doch eine Reihe von Herausforderungen in (schnelldrehenden) B2B Vertriebsorganisationen gelöst. Überall wo Firmen Marktanteile vergrößern wollten oder einfach auf Neukundengewinnung setzen, brauchte es Hunter als spezialisierten VerkäuferIn im Neugeschäft. Nur so konnte der Zielanteil für neue Kunden planbar angesteuert werden. Außerdem ermöglichte dies, VerkäuferInnen nach ihren persönlichen Kompetenzen und Vorlieben und damit effizienter und effektiver einzusetzen. Kaltakquise war schließlich nicht jeder VerkäuferInnnen-Sache. So konzentrierten sich Hunter häufig im Stile von “Anhauen, Umhauen, Abhauen” auf die schnelle Kundengewinnung. Farmer sicherten anschließend den Kunden und konzentrierten sich auf das Ausbauen (Up-/ Cross Selling) sowie das Halten.
Dieses Modell löste zudem noch eine weitere Herausforderung der Vertriebssteuerung. Die Kündigungsquoten im Bestand kamen zunehmend in den Fokus. Ein wirtschaftliches Problem für Vertriebsorganisationen, ist doch die Neukundengewinnung 3-7 mal teurerer, als Kunden zu halten und auszubauen. Der Farmer konnte im Gegensatz zum vorherigen, universellen VerkäuferInnen-Modell einen verlorenen Kunden nicht mal eben durch einen Neukunden ersetzen. Ein oft überproportionaler Verlust von Bestandskunden ging damit deutlich zurück.
Farmer und Hunter war eine klare Rollenteilung, mit einem spezialisierten VerkäuferInnen-Profil und einer klaren Steuerungswirkung im vor allem schnelldrehenden B2B Geschäft. Nun ist das Konzept -außer vielleicht für einige sehr große Organisationen- weitgehend Geschichte.
Neukundengewinnung hat sich vollständig verändert. Ein fleißiges Abfahren von Gewerbegebieten, ein weitgehend unsystematisches Kontaktieren von Interessenten und Kaltakquise in Serie funktioniert (wirtschaftlich) nicht mehr. Der Konzeptansatz ist überholt und auch die besonderen Kompetenzen eines Hunters sind in der Rolle nicht mehr gefragt. Interessenten werden heute vor allem digital akquiriert und kommen zu einem Zeitpunkt in den Vertrieb, wenn zumindest ein grundsätzliches Interesse besteht.
Die Herausforderung sind jetzt andere: Wie gewinnt man
systematisch Leads, wie werden diese prozessiert, qualifiziert, angereichert
(Nurturing), bewertet (Scoring) und zum richtigen Zeitpunkt im geeigneten
Vertriebskanal zum Neukunden konvertiert?
Die Beantwortung dieser Frage ist Teil einer Fortsetzung mit dem Titel “Rising Star Inside Sales”. Wie immer, ich freue mich auf den Erfahrungsaustausch auf den verschiedenen Kanälen.
Marc Mauermann / 24.11.2023
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