Welcome back! Zurück ins Office oder doch nicht?
Zum 30. Juni 2021 endet nach heutigem Stand die Corona-Arbeitsschutzverordnung der Bundesregierung. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen Arbeitgeber überall dort Homeoffice anbieten, wo es möglich ist. Aber was passiert danach? Kehren die 45% der Mitarbeiter, die im April noch ganz oder teilweise im Homeoffice gearbeitet haben, dann alle in ihre Büros zurück? Davon ist nicht auszugehen. Aktuelle Studien und erste Statements von Konzernen und größeren Unternehmen zeigen, dass die Arbeitswelt zukünftig hybrid sein wird. Das bedeutet, dass dort, wo die Möglichkeit zum Homeoffice besteht, zukünftig flexiblere Modelle als Mischung aus Büro und Homeoffice angeboten werden. War während der letzten Monate hier durch die Verordnung noch eine gewisse Einheitlichkeit in den Unternehmen gegeben, dürfte sich die zukünftige hybride Arbeitswelt deutlich komplexer darstellen. Um eine erste Orientierung geben zu können, haben wir uns mit dem aktuellen Stimmungsbild beschäftigt, verfügbare Studien betrachtet und einige unserer Kunden zu ihrer Perspektive befragt.
Ein erkennbarer Trend
Es zeigt sich ein übergeordneter Trend. Arbeitgeber und Arbeitnehmer streben ein Zukunftsbild an, das weniger Homeoffice als während der Krise, aber mehr als zuvor beinhaltet. Nur eine sehr kleine Minderheit sieht ein ideales Szenario in der vollständigen Verlagerung von Arbeit und Geschäft ins Homeoffice. Dabei spielt die Größe der Unternehmen eine Rolle. Größere Unternehmen sind eher bereit, ihren Mitarbeitern Homeoffice mit höherer Wahlflexibilität anzubieten. KMUs bevorzugen das Büro als Hauptarbeitsort und erwägen, ein Kontingent für Homeoffice anzubieten (d.h. 1-3 Tage pro Woche). Gerade letzteres Bild hat sich auch in den Interviews mit KMU gezeigt. Es gibt hier Bestrebungen auch zukünftig Homeoffice zu ermöglichen, jedoch in einem abgesteckten (und planbaren) Rahmen. Überraschend groß war die Bandbreite bei den interviewten Start-Ups und jungen Unternehmen. Hier hatten wir vor den Gesprächen ein einheitliches Bild mit einem sehr flexiblen Arbeitsmodell erwartet. (Beispiel Hopin: Das 2019 gegründete Start-up mit über 700 Mitarbeitern setzt auch zukünftig auf remote-first. Gründer und CEO Johnny Boufarhat hat laut eigener Aussage bisher weniger als 20 Mitarbeiter persönlich getroffen.) Gezeigt hat sich, dass von 100% remote und vollständigem Verzicht auf gemeinsame Büroräume bis zu schnellstmöglicher 100% Rückkehr aller Mitarbeiter in die Büros die gesamte Bandbreite denkbarer Szenarien in Planung ist. Unsere Interviews sind in der Anzahl nicht repräsentativ, bestätigen aber den übergeordneten Trend zur Gestaltung einer hybriden Arbeitswelt.
Gründe für ein flexibleres Arbeitsmodell
Um für das eigene Unternehmen das passende Vorgehen zu identifizieren, kann es auch interessant sein, die Gründe zu kennen, warum andere Unternehmen auch zukünftig auf Home-Office setzen wollen. Die Veröffentlichung „Arbeit von zuhause in Zeiten während und nach Corona“ beschreibt folgende Gründe:
- 73 % der Unternehmen wollen ihren Mitarbeitern mehr Flexibilität und eine bessere Work-Life-Balance ermöglichen, indem sie ihnen erlauben, von zu Hause aus zu arbeiten.
- 54 % der Unternehmen erhoffen sich eine Steigerung ihrer Attraktivität als Arbeitgeber.
- Fast die Hälfte (47%) der Unternehmen nennt die Reduzierung von Reisezeiten für Mitarbeiter.
- Für 46% spielt die Vermeidung von Ansteckung auch über die Corona-Krise hinaus eine Rolle.
- Nur für einen kleinen Teil der Unternehmen ist die Erwartung einer Produktivitätssteigerung (21 %) oder die Einsparung von Bürofläche (7 %) relevant
Als größte Hindernisse wurden nach `die Tätigkeit ist nicht für eine Arbeit von zu Hause geeignet`, `die erschwerten Bedingungen der Zusammenarbeit auf Distanz´ (55 %) und `eine dem entgegenstehende Unternehmenskultur´ (39%) genannt.
In unseren Gesprächen mit KMU hat sich ebenfalls gezeigt, dass mit einer veränderten Erwartungshaltung der Mitarbeiter gerechnet wird. Hier zeigten sich Sorgen, Attraktivität als Arbeitgeber für bestehende Mitarbeiter und im Recruiting zu verlieren, wenn keine Home-Office-Modelle angeboten werden.
Gemeinsame Entwicklung
Corona hat die Rahmenbedingungen für Homeoffice verändert. Durch die “erzwungene” Erfahrung wollen die Mitarbeiter zukünftig mehr Wahlmöglichkeiten, wo und wann sie arbeiten. Um negative Auswirkungen auf die Mitarbeiter-Loyalität und das Recruiting zu vermeiden, können wir aus unseren Erfahrungen und den Gesprächen mit den Unternehmen folgende Empfehlungen für KMU formulieren.
- Mitarbeiter beteiligen: Wenn es in Unternehmen einen relevanten Anteil von Tätigkeiten gibt, die auch im Homeoffice erledigt werden können, empfehlen wir keine einseitige Vorfestlegung durch den Arbeitgeber, ob und wenn ja in welchem Modell, Homeoffice möglich ist. Aktuelle Beispiele, wie die Mitarbeiterreaktion bei Apple zur Einführung fester Präsenztage, unterstreichen dies. Durch eine gemeinsame Entwicklung eines Zielbildes können Vor- und Nachteile sowie Wünsche und Bedenken ausgetauscht werden. Dies stärkt die Vertrauenskultur, die für dieses Thema die Basis ist. Es bietet sich das Instrument einer Mitarbeiterbefragung an, um zunächst ein umfassendes Bild über das von der Mehrheit bevorzugte Arbeitsmodell zu erhalten.
- Smartes Agreement: Ergibt sich aus Sicht der Mitarbeiter hieraus ein (Wunsch-)Bild, dass in Richtung Wahlmöglichkeiten und hybrides Arbeiten geht, gilt es mit einer repräsentativen Auswahl von Mitarbeitern und Management Details zu diskutieren. Hierbei können das grundsätzliche Setup, Rahmen und Regeln erarbeitet werden. Denn sicher ist, es bedarf neuer, interner (Spiel-)Regeln für die Integration von Home-Office-Modellen. Denn je mehr Optionen und Flexibilität es gibt, umso mehr Situationen müssen neu gedacht, gemeinsam erfahren, bewertet und sicherlich auch immer wieder überarbeitet werden. In diesem Zusammenhang passt der Begriff „smartes Agreement“ sehr gut, den der Vordenker und Unternehmer Christian Bredlow in einer Keynote verwendet hat.
Dass dieses Themenfeld weitreichenden Einfluss auf Unternehmenskultur, Führung, Kommunikation und Zusammenarbeit hat und sich weiterentwickeln wird, ist jetzt schon deutlich. Dazu liefert meine 3gleich4-Kollegin Annett weiterführende Perspektiven: www.fibian.de/gedankenfutter-details/beyond-homeoffice
Mein Fazit: „Für mich ist das Arbeitsmodell der Zukunft hybrid“. Diese Zukunft muss gemeinsam aktiv gestaltet werden, um das Beste aus beiden Arbeitswelten (Büro und Homeoffice) nutzbar zu machen. Aufgrund der Tragweite wünschen sich Entscheider in KMU mehr Orientierung oder auch professionelle Begleitung in Form von Impulsen, Workshops oder ganzheitlicher Prozessgestaltung.
Kommen wir ins Gespräch?! Sie beschäftigen sich mit dem zukünftigen Arbeitsmodell in Ihrem Unternehmen. Gerne strukturieren wir mit Ihnen die Meinungsbildung und begleiten den Prozess. Wir sind gespannt auf Ihre Sicht zu dem Thema. Kontakt zum Autor:
Marius Felzmann // 22.06.2021
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IAB – Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung:
Baua – Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: